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Finger weg vom Befristungsrecht

Der Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode enthält im Kapitel „Gute Arbeit“ wesentliche Eckpunkte für eine Reform des Befristungsrechts. Ziel der Koalitionsparteien ist es, vermeintlichen Missbrauch bei Befristungen zu bekämpfen. Sachgrundlose Befristungen sollen zur Ausnahme und „endlose Kettenbefristungen“ abgeschafft werden.

Mit den beabsichtigten Änderungen sollen Maßnahmen zur Eingrenzung der Befristungen geschaffen werden, die beschäftigungspolitisch brisant sind – aus drei Gründen: Erstens: Der Koalitionsvertrag enthält zur Verhinderung vermeintlicher missbräuchlicher Nutzung von Befristungen ohne Sachgrund (sog. erleichterte Befristungen) eine Begrenzung der zulässigen Gesamtdauer von 24 auf 18 Monate. Eine befristete Beschäftigung soll zudem nur noch ein weiteres Mal verlängert werden können, anstatt wie zuvor bis zu drei Mal. Zweitens: Der Anteil der sachgrundlos befristet Beschäftigten in Unternehmen, die in der Regel mehr als 75 Arbeitnehmer einsetzen, soll auf 2,5 Prozent der Gesamtbelegschaft begrenzt werden. Drittens: Nach dem Willen der Koalitionsparteien sollen zukünftig „längere Ketten von befristeten Arbeitsverhältnissen“ gesetzlich ausgeschlossen werden, indem die höchstzulässige Gesamtdauer auf fünf Jahre begrenzt wird. Auf diese Gesamtdauer sollen zudem vorherige „Entleihung(en)“ des befristet eingestellten Arbeitnehmers durch ein oder mehrere Verleihunternehmen angerechnet werden können. Ist die Höchstgrenze von fünf Jahren erreicht, soll ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren wieder zulässig sein.

Was für die Wirtschaft der Region wichtig ist...

• Unternehmerische Entscheidungsfreiheit wird erheblich eingeschränkt

In Unternehmen mit mehr als 75 Beschäftigten soll die sachgrundlose Befristung verboten werden, wenn das Unternehmen den gesetzlich vorgegebenen Schwellenwert bereits erreicht hat. Beispiel: Ein Unternehmen mit 100 Beschäftigten könnte dann lediglich zwei Vollzeitkräfte und eine Teilzeitkraft mit verringertem Arbeitsvolumen sachgrundlos beschäftigen – und zwar unabhängig von dem konkreten Flexibilisierungsbedarf im Unternehmen.

Flexibilitätsspielraum für Unternehmen erhalten

Benötigt ein Unternehmen Arbeitskräfte für ein zeitlich begrenztes Projekt oder die Abwicklung eines speziellen Einzelauftrags, ist es auf den Abschluss sachgrundlos befristeter Verträge zwingend angewiesen. Die Hinweise aus der Politik, die Unternehmen könnten in diesem Fall Befristungen mit Sachgrund abschließen, gehen weit an der Realität vorbei. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zur Sachgrundbefristung – insbesondere zur Befristung wegen eines vorübergehenden betrieblichen Bedarfes – zeigt, dass die Arbeitgeber vor den Arbeitsgerichten geringe Erfolgsaussichten haben.

  • Wettbewerbsnachteile für nordrhein-westfälische Unternehmen

Gerade in Zeiten, in denen sich das wirtschaftliche Klima insgesamt verschlechtert, sind Unternehmen auf mehr Flexibilität angewiesen, nicht auf weniger. Für Unternehmen hat die neue Regelung erhebliche Konsequenzen, insbesondere für jene, die im harten internationalen Wettbewerb stehen. Denn im Ausland bestehen keine gesetzlichen Einschränkungen bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Die neuen rigiden Befristungsregeln werden dazu führen, dass Unternehmen entweder auf zeitlich begrenzte Projekte oder kurzfristige Aufträge verzichten müssen oder teure Leistungen von Dritten einkaufen müssen.

Unternehmen benötigen neue gesetzliche Sachgründe für befristete Beschäftigung

Alle Unternehmen sind auf personalwirtschaftliche Flexibilität angewiesen. Die neuen restriktiven Befristungsregelungen führen allerdings zu erheblichen Einschränkungen bei der Personalplanung. Um den Unternehmen flexible Gestaltungsspielräume zu gewährleisten und bestehende Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, sollte der Gesetzgeber die bestehenden Befristungstatbestände mit Sachgrund konkretisieren oder neue gesetzliche Sachgründe schaffen. Denkbare Sachgründe sind zum Beispiel konkrete Regeln für eine Sachgrundbefristung bei überwiegender Tätigkeit in einem vorübergehenden Projekt, die Abwicklung von Auftragsspitzen oder anderem zeitlich begrenzten, auftragsbedingten Mehrbedarf oder Sachgrundbeschäftigung für Rentnerbeschäftigungen.

Gleiche Regeln für Privatwirtschaft und öffentlichen Dienst

Der Anteil der Befristungen (mit und ohne Sachgrund) an allen abhängigen Beschäftigungsverhältnissen ist seit vielen Jahren rückläufig. 2010 lag er bei 9,2 Prozent und ist bis 2017 auf 7,6 Prozent gesunken. Im gesamten öffentlichen Dienst dagegen haben 9,5 Prozent der Beschäftigten einen befristeten Anstellungsvertrag. Im Vergleich dazu: In der Metall- und Elektroindustrie liegt der Anteil der Befristungen bei durchschnittlich 4 Prozent. Die Einführung einer Quote von 2,5 Prozent für die Privatwirtschaft ändert nichts an der Befristungsflut im öffentlichen Dienst.